Als Europaschule des Landes Hessen organisiert die Kopernikus-Schule seit 1992 zahlreiche internationale, von der EU finanzierte Erasmus-Projekte. Im derzeit laufenden EU-Umweltprojekt „Sustainability and Water“ (Nachhaltigkeit und Wasser) arbeitet die Kopernikus-Schule (Olaf Sailer und Marie-Luise Campen-Schreiner) mit vier internationalen Partnerschulen in einem Erasmus-Schulnetzwerk zusammen; diese sind das Södra Latin Gymnasium, Stockholm, Schweden; das Lycée Polyvalent LES IRIS, Bordeaux, Frankreich; das BRG und BORG, Feldkirch, Österreich und das Sophianum Sg, Gulpen, Niederlande
Nachdem einige internationale Treffen innerhalb dieses Projektes bereits vorher stattgefunden hatten, war das erste Treffen an der Kopernikusschule in der Woche vom 20. bis zum 26.11.22 angesetzt.
Einer der Programmpunkte am 24. Nov. war die Entwicklung einer EU-Nachhaltigkeitsstrategie (in Bezug auf Wasser) für das Jahr 2030, die in Form eines Planspiels im World Café-Format erarbeitet wurde. An den Tagen davor hatten sich die 50 Schülerinnen und Schüler mit ihren 10 Lehrerinnen und Lehrern mit den Themen Trinkwassergewinnung, Abwasserentsorgung, Wassermanagement in der nachhaltigen Landwirtschaft und Renaturierung von Fließgewässern beschäftigt. Zudem hatte man die Hochschule Geisenheim besucht, um Einblicke in aktuelle Forschungsschwerpunkte zu erhalten.
Im Auftrag von Europe Direct Darmstadt (einem der 50 Informationsbüros der Europäischen Kommission in Deutschland) organisierte und leitete Dieter Schornick, Vorsitzender der Europa-Union Aschaffenburg und ehemaliger Berater der EU-Institutionen, am 24. Nov. 2022 ein eintägiges Seminar in englischer Sprache, bei dem eine EU-Nachhaltigkeitsstrategie bis 2030 in Bezug auf Wasser mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet wurde.
Zunächst stellte Stephanie Müller-Dreieicher die Rolle von Europe Direct Darmstadt bei der Projektfinanzierung vor; darauf bat Dieter Schornick um eine kurze Vorstellung der fünf beteiligten Schulen.
Zur Einführung in die Gesamtthematik erläuterte Schornick den Wasserkreislauf auf der Erde. Er präsentierte eine kurze Zusammenfassung der EU-Richtlinie 2000/60/EG vom 23.10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, (EU-Wasser-Rahmenrichtlinie), sowie der EU-Richtlinie 2020/2184 vom 16.12.2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasser-Richtline). Die alte Richtline 98/83/EG aus dem Jahr 1998 wurde durch eine EU-Bürgerinitiative mit dem Titel „Right to Water – Water and sanitation are a human right! Water is a public good, not a commodity“, die schon im Jahr 2012 startete und EU-weit 1.659.543 Unterschriften in den EU-Mitgliedstaaten (gefordert waren 1 Mio.) erbrachte, endlich aktualisiert und an die menschlichen Anforderungen an sauberes Trinkwasser in der EU angepasst. Etliche EU-Mitgliedstaaten hatten dies jahrelang verhindert.
Die wichtigsten und drängendsten Anliegen für eine nachhaltige Anwendung von Wasser sowie dessen Sauberkeit jeweils für ihr Land erabeiteten die Schülerinnen und Schüler in der ersten Runde des World Cafés. Interessanterweise empfanden die schwedischen Schülerinnen und Schüler die Verschmutzung der Ostsee durch Arzeimittelrückstände von Menschen und Tieren als besonders besorgniserregend. Von Seiten Österreichs kam der Vorschlag, mehr Wasserkraftwerke zu bauen und das Schmelzwasser von den Gletschern besser zu nutzen. Die französischen Schülerinnen und Schüler schlugen eine bessere Nutzung des Regenwassers durch vorgeschriebene Zisternen an jedem Haus und in Städten und Gemeinden vor, während die holländischen sich für einen stärkeren Überschwemmungsschutz durch den steigenden Meeresspiegel einsetzten. Die Kopernikus-Schule favorisierte eine Renaturierung von Bächen und Flüssen und den verstärkten Einsatz von Wasserentsalzungsanlagen.
In der zweiten Runde wurden zehn Top-Themen von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet und vorgestellt. Nach einer Abstimmung auf der Basis der präsentierten und diskutierten Argumente wurde das Thema „Reduzierung von Plastikabfällen im Wasser“ mit der höchsten Priorität versehen. Hier ging es vor allem darum, dass EU-weit ein Plastikpfand auf alle Flaschen und Behälter eingeführt, ein zusätzliches Plastik-Label auf Trinkflaschen verboten, eine Ölpreissteuer für die Produktion von Plastik erhoben wird und, wie bereits in Holland realisiert, Straßen mit Plastikabfällen gebaut werden.
Zum Abschluß des Seminars stellte Dieter Schornick die „Europäische Bürgerinitiative“ vor, die eine einzigartige Möglichkeit bietet die EU mitzugestalten, indem sie neue Gesetzesinitiativen zum Wohl der EU-Bürgerinnen und Bürger vorschlägt. Sobald eine Bürgerinitiative eine Million Unterschriften gesammelt hat, entscheidet die Kommission, welche Maßnahmen sie ergreift. Für eine Europäische Bürgerinitiative kommen Themen aus allen Bereichen in Frage, in denen die Europäische Kommission befugt ist, Gesetze vorzuschlagen, wie zum Beispiel Umwelt, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Fischerei, Energie, Transport oder Handel.
Zum Ende des über zwei Jahre dauernden Erasmus-Seminars soll Anfang 2023 entschieden werden, ob evtl. eine Europäische Bürgerinititative zu einem der erarbeiteten Topthemen gestartet werden soll.