Im Café Krèm, dem Künstlertreff in der Riesengasse, hatte die Europa-Union Aschaffenburg am 28. November 2024 zu ihrem 8. Europa-Salon geladen. Die Gäste erwartete wie immer ein Format, das dreierlei Anregungsräume bot: einen politischen, einen musikalischen und einen literarischen. Zum politischen Austausch war der neue Europa-Abgeordnete der Region, Stefan Köhler aus Wiesen, geladen und hatte zunächst auch zugesagt, musste sich dann aber dem Termindruck seines neuen Jobs beugen und konnte nur in einem medial eingespielten, gleichwohl charmanten und informativen Grußwort präsent sein.
Die beiden anderen Formatteile des Europa-Salons, der literarische und der musikalische, wurden im weiteren Verlauf des Abends miteinander verschränkt. Gerhard Luber, Stellv. Vorsitzender des Kreisverbands der Europa-Union Aschaffenburg, las aus einem 2023 erschienenen Buch des Feuilletonisten Gustav Seibt, eines ausgewiesenen Goethe-Kenners, der aufgrund seines feinen Stils und seiner klugen politischen Beiträge sowohl für den literarischen als auch für den politischen Anspruch des Salons stehen konnte. Zunächst trug Luber einen Text mit dem Titel „Civis europaeus sum“ vor, der kenntnisreich die heutigen europäischen Verhältnisse in der langen Geschichte des Kontinents seit der Römerzeit verortet. Nach einem Musikbeitrag folgten zwei weitere Texte: einer über den deutsch-amerikanischen Historiker Fritz Stern, in dem das 20. Jahrhundert mit all seinen apokalyptischen Zumutungen besonders für die jüdischen Mitbürger aufscheint, und dann ein weiterer über den Dichter Eckhard Henscheid, dessen pointierte und erfindungsreiche Sprache bis heute wunderbar querliegt zu all dem glatten Politiker- und Journalistensprech, mit dem wir tagtäglich konfrontiert sind.
Die Musik zwischen und nach den Textbeiträgen besorgten die Würzburger Jazzer von DUOLOGUE, Thomas Klopfer am Piano und Hans Molitor an Trompete und Flügelhorn. Die beiden versierten Künstler – Molitor ist in Jazz und Sinfonik gleichermaßen zuhause, Klopfer lässt durch sein geschmackvolles Spiel die Abwesenheit von Bass und Schlagzeug völlig vergessen – zeigten eindrucksvoll, wie europäisch der Jazz sein kann. So entwickelten sie aus einem Thema des österreichischen Spätromantikers Anton Bruckner gekonnt eine behutsam rhythmisierte und fein harmonisierte Improvisation. Zum krönenden Abschluss des Abends ließ Hans Molitor aus einer leisen Trompeten-Meditation allmählich das bekannte Thema aus Beethovens 9. Sinfonie hervorgehen, sodass die ca. 25 Gäste des Abends nicht nur mit einer weiteren fantasievollen Jazznummer, sondern auch mit den Klängen der Europahymne angemessen auf den Nachhauseweg begleitet wurden.
Georg Fath, der Vorsitzende der Europa-Union Aschaffenburg, hatte zu Beginn der Veranstaltung die Gäste begrüßt.
Reinhard Paczesny, der eigentliche „Vater“ des Europa-Salons, wusste mit ebenso kundigen wie launigen Worten in den Salon ein- und aus ihm wieder herauszuführen. Von den Gästen hörte man Äußerungen der Zufriedenheit über einen gelungenen Abend, der uns den Lebensraum, in dem wir uns bewegen, nämlich Europa, auf eindrucksvoll andere Art und Weise näherbrachte.
Gerhard Luber / Georg Fath