Bereits zum 9. Mal lud der Kreisverband Aschaffenburg/Alzenau ins Kultur-Café Krem in der Riesengasse. Reinhard Paczesny, Initiator und Motor dieses Formats, begrüßte etwa 30 anwesende Gäste und führte durch das Programm.

Reiner Pistner
Foto: Oana Oravitan-Stenger
Im politischen Teil stellte Reiner Pistner, bis 2020 Bürgermeister von Schöllkrippen, die seit 2007 offiziell bestehende Partnerschaft mit dem polnischen Kochanowice vor. Zaghafte Anfänge widerlegten die zunächst auf beiden Seiten vorhandenen Klischeevorstellungen, wenn auch nicht in jedem Fall. Der alljährliche Austausch in beide Richtungen schuf aber über die Jahre hinweg eine Verbindung im besten europäischen Sinne. Lebhaft in Mimik und Gestik schilderte Reiner Pistner, Mitinitiator und Stütze der Partnerschaft, die außerordentliche Gastfreundschaft der Polen und ließ seine Zuhörer auch nicht ganz einfache persönliche Begegnungen nachempfinden, die zeigten, wie wichtig Kennen- und Akzeptierenlernen immer wieder ist. Denn die unmittelbare Begegnung von Menschen in europäischen Ländern mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Lebensgewohnheiten gewinnt in Zeiten von Polarisierung, Ausgrenzung und Feindseligkeit auf gesellschaftlicher und politischer Ebene immer mehr an Bedeutung.
Nicht zum ersten Mal wurde der musikalische Teil bestritten durch das Duo JOYOSA. Silke und Dirk Kilian zeigten ihre musikalische Virtuosität und Vielseitigkeit auch auf sehr seltenen, um nicht zu sagen „exotischen“ Instrumenten. Mit einer direkt ins Herz gehenden Mazurka und anderer in Polen entstandener Musik aus dem 15. bis ins 20. Jahrhundert begeisterten sie ihre Zuhörerschaft. Dirk Kilian ließ zudem seine persönlichen Erfahrungen als junger Mensch in Polen aufleben, als er sogar für eine kurze Zeit in einem Warschauer Zirkus auftrat.

Dirk und Silke Kilian / Duo JOYOSA
Foto: Oana Oravitan-Stenger
Den literarischen Teil leitete Bernhard Hench mit einem Lied des jüdisch-polnischen Dichters Mordechai Gebirtig ein, der 1942 im Krakauer Ghetto starb. Es zeigte die dunkle Seite dessen, was das deutsch-polnisch-jüdische Verhältnis mitgrundiert und ließ es in Bernhard Henchs a cappella Gesang wiederaufleben. Anschließend las er aus Radek Knapps Buch Gebrauchsanweisung für Polen, einer in satirischem Ton verfassten, scharfsinnigen Analyse der jüngeren Geschichte und der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse in Polen.
Nach teilweise sehr bewegenden Momenten fanden zwei Stunden Europa Salon einen höchst amüsanten Abschluss durch Reinhard Paczesny, der aus seinem letzten Buch „Unerwartete Kulturgeschichten“ eine kurze, sehr unterhaltsame „Dorfidylle“ in oberschlesischem Idiom vortrug – eine absolute Gemme! Die geforderte Zugabe kam, erneut in a cappella, von Bernhard Hench.

Reinhard Paczesny
Foto: Oana Oravitan-Stenger

Bernhard Hench
Foto: Oana Oravitan-Stenger